Dienstag, 17. Juni 2008

4.3 Unterwegs – Shanghai (30.05. - 01.06.2008)

Jetzt muss ich mal die Zeit ein wenig einholen, damit ich eventuell mal den aktuellen Stand erreiche.
Also, als ich hier in meine Wohnung eingezogen bin und irgendwann auch endlich das Internet funktionierte hat sich über Skype meine alte Ausbildungskollegin Jana bei mir gemeldet. Sie ist nach dem abgeschlossenen Studium ihrem damaligen Freund und heutigen Mann Andre nach Shanghai hinterher gezogen und lebt seitdem hier. Ich war etwas überrascht, weil ich damit nicht gerechnet hätte, aber somit hatte ich eine Einladung nach Shanghai zu kommen und sogar bei der Einweihungsfeier in ihrer neuen Wohnung teilzunehmen...und bei so etwas sage ich nicht nein, wenn ich es realisieren kann.
Bin dann gleich los und habe mir Bahntickets besorgen lassen (10 Euro einfach für 300km, da sollte sich die Bahn mal ne Scheibe von abschneiden!). Leider hat sich rausgestellt, dass der Zug nicht, wie von mir geplant um 18:24 sondern um 18:09 abgefahren ist, was eine kleine Umplanung bezüglich geplanter Nachhause-Geh-Zeit erforderlich machte, naja es hat zum Glück alles hingehauen und ich bin dann auch abends in Shanghai angekommen und nach längerer Suche nach dem regulären Taxistand und noch längerer Suche des Taxifahrers nach dem Restaurant, wo ich mich mit Jana und Andre treffen wollte hab ich es dann auch geschafft und wir haben den Abend mit sehr leckerem, nepalesischem Essen eingeläutet.
Hier unterbreche ich kurz für ein paar allgemeine Infos zu Shanghai. Shanghai (bedeutet soviel wie „herauf aus dem Meer“) liegt direkt am Delta des Jangtse und war, bevor die Briten 1842 hier nach dem Opiumkrieg eine Konzession eröffneten, eher eine Kleinstadt, die von Fischerei und Weberei lebte. Den Briten folgten die Franzosen (1847), eine internationale Niederlassung (1863) und die Japaner (1895). Der Handel mit Opium, Seide und Tee verwandelte die Stadt innerhalb kürzester Zeit zu Chinas geschäftigsten internationalen Hafen, welcher vor allem für Spielhöllen und Bordelle bekannt war.
Die starken Unterschiede zwischen den verarmten und ausgebeuteten Chinesen und den reichen und herrschaftlichen Ausländern führte zur Gründung der KPC (Kommunistischen Partei Chinas), welche die Stadt dann schließlich auch befreite (1949) und wieder für lebenswürdige Bedingungen für die arbeitenden Bevölkerungsschichten sorgte. In der Folgezeit kränkelte Shanghai vor sich hin und empfand keine neuen Entwicklungsimpulse. Erst 1990 mit den Entwicklungsplänen für Pudong und einer hier angesiedelten Sonderwirtschaftszone begann der erneute Aufschwung in Shanghai, welcher sich bis heute fortsetzt.
Zurück zu meinem Abend mit Jana und André. Nach dem Essen sind wir weiter zu einer sehr interessanten Cocktailbar wo wir u.a. einen Chilicocktail getrunken hatten. Sehr interessant, mal ne völlig neue Geschmacksrichtung für einen Cocktail. Danach sind wir dann zu den beiden in ihre neue Wohnung gefahren. Wohnung ist eigentlich untertrieben, denn es ist ein kleines Reihenhaus mit einer tollen Dachterrasse.
Am nächsten Morgen bin ich dann alleine losgelaufen und habe die Stadt zu Fuß erkundet. Mit Stadtplan und Reiseführer bewaffnet bin ich zuerst in Richtung des Peoples Squares gegangen. Bis dahin war es schon ein Stück und ich habe versucht die Hauptstrassen zu meiden und ein wenig von dem Leben hinter den Kulissen mitzubekommen. Als ich ihn dann schließlich gefunden habe, habe ich festgestellt, dass es ein von Hochhäusern umgebener Park ist, der leider auf der Seite, von der ich kam von einer großen Baustelle blockiert war. Hier entstehen weitere Hochhäuser, wenn ich das richtig verstanden habe. Innerhalb des Parks gibt es das Museum für die Stadtentwicklung Shanghais und da bin ich dann auch reingegangen und war echt beeindruckt. Die haben die ganze Stadt in klein nachgebaut und zwar jedes einzelne Haus, einfach Wahnsinn, denn so kann man sich mal die Dimensionen der Stadt vor Augen führen. Es werden auch einzelne Projekte, wie der Tiefwasserhafen und der Pudong Flughafen einzeln vorgestellt.
Nach diesem umfassenden Überblick und den Eindrücken vom Spaziergang wollte ich dann zum Sightseeing gehen und was gibt es bekannteres als den Bund und die gegenüberliegende Skyline von Pudong.
Dort angekommen habe ich auch gleich die ersten Fotos gemacht, die ersten Verkäufermassen abgewimmelt und dann auf einer Bank einfach mal die gesamte Skyline auf mich wirken lassen. Nach ner halben Stunde hat sich dann Andy neben mich gesetzt. Andy ist ein Chinese, der im wirklichen Leben anders heißt, aber trotzdem ganz nett war. Mit ihm bin ich die nächsten Stunden über die alte Uferpromenade (Bund) geschlendert, welche echt beeindruckend ist, weil du auf der einen Flussseite die ganzen alten Häuser und Repräsentanzen aus den frühen europäischen Tagen hier in Shanghai hast und auf der anderen Flussseite eine riesige Hochhaussiedlung mit dem herausragenden Oriental Pearl Tower, der durch seine spezielle Form besticht. Ein paar Häuser daneben steht der Jin Mao, das ehemals höchste Gebäude Chinas, bis direkt daneben das neue Finanzzentrum von Shanghai gebaut wurde, was noch mal 40 Meter höher ist und aussieht, wie ein riesiger Flaschenöffner.
Dorthin sind wir dann auch mit der U-Bahn gefahren, also einmal unter dem Fluss durch, und sind auch dort an der Promenade entlanggeschlendert, dann wollte ich aber etwas trinken und ich hatte vorher schon den Tipp bekommen, dass man das Geld für die Aussichtsplattform quasi sparen kann, wenn man eine Etage weiter unten (dann die 87. Etage) in das Restaurant geht und einfach nur etwas trinkt, was zwar etwas teurer ist, aber dafür bekommt man halt noch etwas neben der tollen Aussicht. Auf dem Weg nach oben kommt man zwangsläufig durch das höchste Hotel der Welt, dem Grand Hyatt. Es beginnt erst in der 54. Etage und geht bis fast ganz nach oben. Von hier kann man dann auch in die Lobby schauen und das ist echt gewaltig, vor allem, wenn man sich klar macht, dass es da noch mal 54 Etagen nach unten geht. Im Restaurant angekommen haben wir dann auch bei einem Bierchen die Aussicht auf Shanghai genossen und konnten die Ausmaße der Stadt mehr erahnen, denn sehen.
Wieder auf dem Boden haben wir uns dann auf den Weg gemacht zurück zum Bund um dort den Sonnenuntergang, bzw. das anschalten der Lichter in Pudong anzuschauen. Auf dem Weg rüber gibt es neben der U-Bahn eine zweite Möglichkeit und zwar den Sightseeingtunnel. Dieser Tunnel ist ein großer Quatsch und der Eintrittspreis von 4 Euro eigentlich eine Frechheit, aber man kommt halt direkt am Bund wieder raus und das ist der große Vorteil. Andy und ich konnten dann einen guten Platz an der Promenade erobern und haben den trotz aller Bettler, drängelnden Touristen und Verkäufern nicht wieder hergegeben und es hat sich geloht, denn es war echt beeindruckend, wie die Lichter langsam angehen und wie sich der Eindruck verändert.
Dann bin ich aber auch aufgebrochen, denn ich hatte ja noch eine Home-Warming-Party bei Jana und Andre. Also los in die nächste U-Bahn, an der richtigen Station ausgestiegen, kurz orientiert und dann ab nach hause. Die Feier war schon im vollen Gang und ich kam fast schon zu spät für die leckeren Steaks und Würstchen. Das ganze fand auf der Dachterrasse der beiden statt, was natürlich eine echt schöne location war, denn man konnte die ganzen Wolkenkratzer rundherum bei Nacht beobachten. Im Ganzen war es ein echt lustiger Abend und ich hab viele nette Menschen kennen gelernt, darunter viele Deutsche, Niederländer, Italiener und eine Rumänin. Um halb fünf sind wir dann ins Bett gekommen.
Aufstehen mussten wir dann ja auch bald wieder, denn wir waren um 12 Uhr zum Dumplingfrühstück verabredet. Dumplings sind eine chinesische Spezialität bei der Reis, Fleisch, Gemüse, Krabben oder ähnliches in einen Teig gerollt wird, ähnlich den Ravioli, und dann gekocht wird. Das ganze wird dann maximal mit Sojasoße gegessen und ist super lecker. Leider kann man davon gar nicht so viel essen, denn man ist sehr schnell satt.
Wir waren also in dem Dumplingrestaurant, welches ein gehobenes Restaurant gewesen sein muss, denn alle anderen Gäste waren mit ihren Kindern (Mehrzahl!!) und den dazugehörigen Ayis (also Kindermädchen) beim Essen und haben sehr lecker gespeist. Danach sind wir dann durch die Französische Konzession geschlendert. Hier ist echt ein anderes Gesicht von Shanghai, denn hier sind große Anwesen mit Parks und es ist relativ ruhig. Nach einem Kaffee in einem gemütlichen Hinterhof sind wir dann mit dem Taxi zur Taikang Lu gefahren. Hier geht man quasi in eine kleine Einfahrt in einen Hinterhof hinein und auf einmal hat man ganz viele kleine Reihenhäuser in denen sich Kneipen, Restaurants, Boutiquen und Galerien aneinander reihen. Das alles ist super eng, weil es noch die ursprüngliche Bausubstanz ist, also ein Fleckchen ursprüngliches Shanghai. Ich bin hier über eine Stunde rumgelaufen und immer neue kleine Geschäfte gefunden. Hier muss ich noch mal zu shoppen herJ.
Nachdem wir uns noch ein Stück Pizza mitgenommen haben, haben wir uns auf den Weg nach Hause gemacht und sind hierbei durch ein Anwesen gelaufen – ein riesiger Park mitten in der Großstadt mit ein paar Kneipen und Restaurants – und schließlich just in time bei Jana und Andre angekommen, wo ich mir meine Sachen geschnappt hab und zum Bahnhof gefahren bin um von dort aus wieder nach Nanjing zu kommen.
Danke noch mal an Jana und André, dass ich euren Kleiderschrank belegen durfte und ich werde auf dieses Angebot bestimmt noch ein paar Mal zurückgreifen J

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