Samstag, 9. August 2008

4.11 Unterwegs – Xi’an (17.07. - 18.07.2008)

Da wir ja – mal wieder – einige Zeit im Flugzeug sitzend auf dem Flugplatz verbringen durften, als wir aus Hangzhou abgereist sind, sind wir entsprechend auch zu spät in Xi’an angekommen. Am Flughafen wartete auch schon ungeduldig unser Guide – Alissa – auf uns. Wir haben dann schnell am Flughafen in einem Restaurant noch etwas zum Essen bekommen und sind dann gleich aufgebrochen zum ersten Museum. Auf dem Weg dorthin wurden wir schon etwas skeptischer, denn die Stadt bot sich nicht gerade von ihrer besten Seite dar. Alles wirkte irgendwie grau und heruntergekommen. Gerade wenn man aus Hangzhou kommt, ist man von einer industriell geprägten 8-Millionen Stadt eher geschockt. Der Eindruck blieb leider bis zum Ende unseres Aufenthaltes dort.
Dabei hat die Stadt gerade kulturell viel zu bieten, wie wir im Geschichtlichen Museum erfahren haben. Xi’an wurde recht früh in der chinesischen Geschichte zur Hauptstadt erklärt, verlor und erlangte diesen Status immer mal wieder. Auf jeden Fall wurden wir durch das Geschichtsmuseum der Provinz Shaanxi geführt, welches bei den Knochen des frühesten jemals gefundenen „Menschen“ begann und sich durch alle Dynastien schlängelte. Interessant waren vor allem die Veränderungen der Puppen, welche sich immer den herrschenden Schönheitsidealen anpassten, mal dick und rundlich, mal schlank und groß. Leider waren neben uns noch diverse Schulklassen im Museum, so dass wir unfreiwillig auch zur Touristenattraktion geworden sind. Nachdem wir in einer Stunde einen fast vollständigen Abriss über die chinesische Geschichte erhalten hatten, wurden wir weiter zur Großen Wildganspagode gefahren.
Die Große Wildganspagode gilt als das Wahrzeichen von Xi’an. Diese Pagode ist viereckig (Unterschied zu südlichen Pagoden) und gemauert. In ihr werden die alten Schriften des Mönches Xuanzang, welcher den Buddhismus von Indien nach China brachte, verwahrt. Hier soll er die in 17 Jahren Wanderschaft durch Indien gesammelten Werke ins Chinesische übersetzt haben. Die ganze Anlage ist – mit Ausnahme der Pagode – neueren Ursprungs und wird wohl in den Folgejahren noch weiter erweitert werden.
In unserem Hotel im Inneren der komplett erhaltenen Stadtmauer wurden wir, aus Mangel an Standartzimmern, in den Executiv-Floor verlegt, was uns ein tolles Zimmer in der obersten Etage des Hotels mit einem guten Blick über die Innenstadt bescherte. Zum Essen sind wir auf Anraten unserer Führerin im Hotel geblieben und haben recht günstig ein tolles Buffet (asiatisch und westlich) bekommen. Nach dem Essen bin ich dann noch mal alleine in die Innenstadt auf den Nachtmarkt gefahren, welcher sich direkt hinter dem Trommelturm im moslemischen Viertel erstreckt. Hier herrschte ein reges Treiben und es wurde wild gehandelt, dazu Fleischspieße mit allem möglichen Fleischsorten angeboten (leider hatte ich überhaupt keinen Hunger mehr). Hier habe ich nach zähen Verhandlungen mit einem Shopbesitzer ein „altes“ Mah-Jiangg Spiel erstanden.
Am nächsten Tag ging es dann los zu den Tonkriegern, wegen welchen wir ja eigentlich hier waren. Wir fuhren also los und waren ziemlich überrascht, dass wir zuerst zu der Fabrik der Tonkrieger gefahren wurden. Hier wurde uns ein kurzer Exkurs über die Herstellung von Tonfiguren und chinesisch bemalten Schränken gehalten und dann begann ein langer Gang durch viele Ausstellungs- und Verkaufsräume – eine große Touristenfalle, bei der man schöne Sachen zu völlig überteuerten Preisen erstehen konnte. Zu der Herstellung muss man eine kleine Widersprüchlichkeit erwähnen. Laut unserer Führerin wurde die Kunst, diese Tonsoldaten herzustellen, seit Jahrtausenden von Vater zu Sohn mündlich weitergegeben. Die Tonsoldaten wurden aber erst 1974 wieder entdeckt. Die Frage, die sich mir aufzwingt: Fanden die Leute das nicht tausende von Jahren komisch, dass ihnen ein Geheimnis angetragen worden ist, für Dinge, die es eigentlich gar nicht gab? Und dieses Wissen konnten dann die entsprechenden „Künstler“ 1974 wieder aus dem Hut ziehen und sofort – natürlich mit passender Lizenz – wieder damit beginnen diese Figuren herzustellen. Ich finde das sehr mysteriös.
Nachdem wir die lästige Verkäuferin abgeschüttelt und unsere Begleitungen gefunden hatten ging es dann los zu den Tonkriegern (Schreibt man Krieger im englischen jetzt Warriors oder Worriors?). Nach einer Stunde Autofahrt und einem kleinen Spaziergang standen wir dann endlich in der ersten Halle mit den Tonsoldaten und es war schon echt beeindruckend. Alle standen in Reih und Glied oder lagen zerstört am Boden herum. In langen Reihen sah man hunderten von individuell gestalteten Soldaten, welche man deutlich anhand der Rüstungen und des Kopfschmucks in Rang und Funktion unterscheiden konnte. Wir haben erfahren, dass eigentlich alle der Soldaten früher zerstört worden sind und alle, die die jetzt stehen, das Ergebnis langer und komplizierter Restaurierungsarbeiten sei. Witzig fand ich auch kleine Höhlen, die zwischen den Soldaten waren. Hier haben spätere Bauern ihre Verstorbenen beerdigt, ohne, dass sie auf die Tonkrieger gestoßen sind. Wir sind noch durch zwei weitere Hallen gelaufen und haben u.a. die Entdeckungsgeschichte erfahren. Der erste Kopf wurde von Bauern bei Bohrungen für einen Brunnen entdeckt. Nachdem sich herausgestellt hat, was diese dort gefunden hatten wurden sie großzügig belohnt (umgerechnet 35 Euro insgesamt für sieben Menschen) und natürlich wurde ihnen das Recht zur Bewirtschaftung ihres Ackerlandes wieder abgenommen und die jetzige riesengroße Parkanlage gebaut. In kommunistischen Staaten ist das ohne weiteres möglich, denn das Land gehör ja sowieso dem Volk. In einer letzten Halle wurden noch diverse Kunstgegenstände aus einer anderen Grabungsstelle ausgestellt, darunter auch zwei Bronzegespanne, die jede Menge technische Details aufweisen, welche den Fortschrittsgrad der damaligen Kultur aufzeigten.
Im Anschluss an ein Mittagessen wurden wir dann zu einem Grab eines Kaisers aus der Han-Zeit gefahren. Dieses bestand eigentlich aus zwei Grabhügeln (einen für seine Frau) und beeindruckte durch diverse Grabgaben, welche in Gräben außerhalb des Grabhügels gefunden worden sind. Um diese ausstellen zu können wurde ein unterirdisches Museum mit gläsernen Fußböden gebaut, über sie man über die Gruben laufen konnte. Einige der Sachen waren ganz interessant, wie zum Beispiel viele Puppen und eine gewaltige Herde an Haus- und Nutztieren. Aber wir waren insgesamt schon ziemlich müde durch das ganze Herumgereise und so brachten wir der Grabstelle wahrscheinlich nicht das gebührende Interesse entgegen und wurden danach zum Flughafen gefahren.
Meiner Meinung nach lohnt es sich nicht nach Xi’an zu fahren, auch nicht für die Terrakottaarmee Diese Stadt hat mir überhaupt nicht gefallen.

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