Donnerstag, 22. Januar 2009

4.26 Unterwegs – Chongqing/Jangtse (25.12. – 28.12.2008)

Nachdem wir Weihnachten in der Ferne verbracht haben, sind wir am 25.12. nach Chongqing aufgebrochen. Dies war mein Weihnachtsgeschenk an Dea (und mich natürlich), denn ich wollte in meiner Chinazeit einmal in der größten Stadt der Welt gewesen sein. Chongqing gehört nämlich zu den vier regierungsunmittelbare Stadt in China, welche wie Hamburg oder Bremen in Deutschland keiner größeren territorialen Einheit zugeordnet sind, und es leben 32 Millionen Menschen hier. Das ist erstmal eine gewaltige Zahl, um das ein wenig abzumildern muss man sagen, dass die Stadtgrenzen eine Fläche, die fast so groß ist, wie Österreich, umschließen. Der Ballungsraum um und mit Chongqing als Stadt (die man auch als solche erkennt) fasst 7 Millionen Menschen, der Rest verteilt sich auf die überwiegend ländlichen Strukturen im Umland. 7 Millionen hört sich erstmal nicht mehr ganz so beeindruckend an, ist aber immer noch doppelt so groß, wie beispielsweise Berlin.
Am Flughafen angekommen wurden wir auch gleich von unserem Guide abgeholt und mit auf eine kleine Stadtbesichtigung genommen. Wir haben ein Spaziergang durch ein altes zurzeit noch bestehendes Viertel gemacht, welches uns das normale chinesische Leben gezeigt hat. Es war toll mal einen echten Markt zu sehen, auch die vielen Küchen, Schnapsstuben und kleinen Handwerksläden haben mir gefallen. Eine Schneiderin, die mit einer alten Siegel-Nähmaschine genäht hat, hat es Dea sehr angetan. Nach diesem Bummel ging die Führung weiter zu der Volkskonzerthalle, einem großen runden Kuppelbau, in dem 4.000 Leute die Vorstellungen genießen können. Von außen ist das Gebäude dem Himmelstempel in Beijing nachempfunden.
Zum Abendessen gab es dann Hotpot. Hierauf hatte ich mich eigentlich am meisten gefreut, denn Chongqing gilt als die Heimat des Hotpots. Leider wurde ich aufgrund des Geschmacks etwas enttäuscht. In Nanjing ist der Hotpot schärfer und besser. Ein kurzes Schlusswort zu Chongqing, denn jetzt folgte die Einschiffung und damit das eigentliche Geschenk...eine Jangtse-Kreuzfahrt. Chongqing hat mir als Stadt sehr gut gefallen, weil hier die Hügel auf denen die Stadt steht und die Flüsse, die durch sie fließen, sehr zu deren Erscheinungsbild beigetragen haben. Es wirkt nicht wie eine andere 08/15-Grossstadt in China.
Der Jangtse ist der drittgrößte Fluss der Erde und hat im weiteren Flusslauf von Chongqing aus die drei Schluchten geformt. Aber erstmal mussten wir unser Zimmer beziehen. Da wir zu den ersten Gästen gehörten, konnten wir noch wählen, ob wir von einem Standartraum in einen Luxusraum bzw. eine Suite upgraden wollen, was wir dann im Endeffekt auch getan haben. Das Badezimmer gab den Ausschlag :-). Wir haben dann also unseren „Luxusraum“, welcher doppelt so groß war, wir eine normal Kabine, bezogen und bald darauf auch die restlichen deutschen Gäste kennen gelernt, welche auch mit auf dem Schiff waren. Unser Guide auf dem Schiff, Christian, hat sich dann auch vorgestellt und pünktlich am nächsten Morgen haben wir um 07:50 abgelegt. Durch unser Upgrade konnten wir einfach im Bett liegen bleiben und Chongqing an uns vorbeiziehen lassen. Den folgenden Tag haben wir fast gänzlich gefaulenzt, denn sogar der Reiseführer sagte, dass diese Passage des Jangtses eher langweilig ist. Der Höhepunkt des ersten Tages war der Landgang zur Geisterstadt. Ich schon voller Erwartung auf eine alte Bergbaustadt, a la Wilder Westen, bin leider einer undeutlichen Übersetzung zum Opfer gefallen. Wörtlich müsste man es als Stadt der Geister bezeichnen, welche leider keine Stadt ist, sondern ein Tempel und der Name geht auf Geistliche zurück, die hier durch Meditation in den Himmel aufgefahren sein sollen. Naja, mal wieder ein Tempel. Leider wirken alle Tempel in China ziemlich gleich, weil sie auch alle der Kulturrevolution zum Opfer gefallen sind und damit erst in den letzten Jahren wieder aufgebaut oder ausgestatten worden sind. Somit auch dieser, wenngleich dieser noch eine Besonderheit hatte. Hier muss man drei Prüfungen bestehen, sonst kommt die Seele nicht mehr zurück und wird in die Hölle geschickt: 1. Prüfung: Über einen Graben führen drei Brücken. Hier die richtige auswählen und mit exakt 9 Schritten rüberlaufen. Die mittlere ist die richtige Variante. 2. Prüfung: Eine Türschwelle mit dem richtigen Bein übersteigen. Männer mit rechts und Frauen mit links (oder umgekehrt) und die dritte Prüfung: Auf einem Bein drei Sekunden auf einer in den Boden eingelassenen Halbkugel balancieren und dabei die Statue des Herrn des Himmels anschauen...ich hab’s geschafft. Am Ende haben wir dann noch die Statue im Tempel bewundert und sind dann Darstellungen der Hölle, welche höchstwahrscheinlich aus einem Buch mit christlichen Vorstellungen über die Hölle übernommen worden sind, wieder auf den Weg zurück zum Schiff. Abends gab es dann noch das „Captain’s Dinner“, bei dem sich die anderen Deutschen mit uns am Tisch davon überzeugen konnten, dass man das chinesische Essen wirklich am leichtesten mit Stäbchen und nicht mit Messer und Gabel essen kann.
Am nächsten Vormittag begann dann er eigentliche Hauptpart der Reise, die Einfahrt in die erste und kürzeste der drei Schluchten. Diese ist auch auf der Rückseite der 10 RMB-Scheine abgebildet, aber nicht mehr halb so eindrucksvoll, wie sie mal gewesen sein musste. Der Drei-Schluchten-Damm hat das Wasser hier um 90(!) Meter aufgestaut und wir waren noch eine halbe Tagesreise von ihm entfernt. Trotzdem war die Schlucht ganz schön. Leider war das Wetter nicht ganz perfekt, denn es war recht neblig, so dass man nicht in die Ferne schauen konnte. Nachdem wir zu Mittag gegessen hatten, ist das ganze Schiff – also alle Gäste - zu einer Shoreexpedition in die drei kleinen Schluchten aufgebrochen. Hier konnten wir wunderbar sehen, was die Stauung des Flusses für die Bevölkerung bedeutet, denn alle Menschen, die hier gelebt haben (90 – 100 Meter unter dem Wasserspiegel) mussten umgesiedelt und in neue Heime gesteckt werden. So wurden Großstädte für mehrere 10.000 Menschen, aber auch kleinere Dörfer auf den Bergkuppen aus dem Boden gestampft. Überall sind Brücken im Bau, die die verschiedenen Stadtteile und somit die Menschen miteinander verbinden. Generell sind die Städte aber nicht schön, sondern gleichen dem, für was sie gedacht waren: möglichst schnell, möglichst viel Platz für möglichst viele Menschen zu bekommen. Der Höhepunkt der kleinen Schluchten sind am Ende die hängenden Särge. Auch hier hatte ich mir etwas anderes vorgestellt. Ich dachte die Särge hängen an dicken Seilen hängend über die Bergkämme und alles wirkt sehr spannend und einmalig. Einmalig sind diese Särge bestimmt, aber gesehen haben wir sie nicht. Die sind nämlich in kleinen Höhlen in der Felswand gelegt worden...von wegen hängend...und man konnte sie auch nur erahnen. Wie diese Särge überhaupt entdeckt worden sind, als das Wasser noch 100 Meter tiefer gewesen ist, ist mir ein Rätsel. Vom Wind und der Kälte eingermaßen durchgefroren ging es dann wieder aufs richtige Schiff und wir starteten in die zweite der drei Schluchten. Diese war interessanter, weil wesentlich höher, aber auch hier blieb das absolute Erlebnis aus. Um 22:50 Uhr begann dann einer der ganz großen Höhepunkte der Reise: die Einfahrt in die Schleuse des Drei-Schluchten-Damms. Die Schleuse ist wirklich riesengroß und es war sehr beeindruckend, wie wir sich die Tore schlossen und wir immer tiefer sanken. Anhand einer Skala konnte man recht genau beobachten, wie tief man schon gesunken ist :-). Insgesamt ging es in der ersten Stufe so um die 20 Meter nach unten (wie groß müssen die Schleusentore sein?) und es folgten noch vier weitere Steps nach unten.
Am nächsten Tag wachten wir gut vertäut an der nächsten Anlegestelle unterhalb des Damms auf und begannen unsere Tour zu den Aussichtspunkten in der Nähe des Damms. Der anhaltende Nebel ließ den Damm in der Ferne verschwinden, so dass man nicht genau bestimmen konnte, wie groß der Damm wirklich war. Auf jeden Fall ein sehr imposantes Bauwerk und es war toll einmal dort gewesen zu sein, auch wenn man es nicht in voller Länge bewundern konnte. Christian hat uns noch viele Fakten über den Damm erzählt, auch, dass er kein Befürworter des Damms ist (hört, hört), und nach vielen geschossenen Bildern ging es wieder zurück aufs Schiff, wo wir dann zur Mittagszeit in Yichang landeten, unserem Zielort. Hier gab es noch ein lecker Mittagessen und einen kleinen Aufenthalt in einem lokalen Kunstmarkt (gestickte Nachahmungen berühmter und weniger berühmter Bilder – toll!) und schließlich den wohl kleinsten Verkehrsflughafen, den ich bisher kennen gelernt habe. Über Shanghai ging es dann mit dem Zug nach Hause. Das waren mal besondere Weihnachten.

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